Mit viel Applaus, aber auch mit Hau-ab-Rufen und Trillerpfeifen wurde Angela Merkel am Freitagabend auf dem Rathausplatz begrüßt. Etwa 2000 Zuhörer hatten sich trotz Dauerregens zwischen Münsterkirche und Abteistraße eingefunden, um die Kanzlerin aus der Nähe zu erleben.
Angela Merkel und Tim Ostermann (Foto Malte Stock) Hinter dem mit Polizeigittern abgetrennten Bereich waren Sitzplätze für 500 geladene Gäste – 1500 aber drängten sich außerhalb des streng abgeschirmten Security-Areals. Abgeschirmt war der Platz wortwörtlich: Als die Kanzlerin noch vor 19 Uhr mit ihren Personenschützern ankam, wurde sie kaum gesehen – Regenschirme versperrten die Sicht. Sie selbst eilte in schwarzer Regenjacke in Richtung Bühne, schüttelte aber dennoch viele Hände.
Mit einer Schweigeminute gedachte die Kanzlerin zu Beginn der Opfer des Terroranschlags von Barcelona. »Selbst da konnten sich einige Krawallmacher nicht zusammenreißen und haben mit ihren Trillerpfeifen die Gedenkminute gestört«, ärgerten sich viele Zuhörer.
Unter den Zuschauern waren zahlreiche junge Leute. »Ich finde das sehr aufregend und ich wollte die Kanzlerin schon immer mal live erleben«, sagte die 15-jährige Vanessa Gänserich. Sie ist Mitglied im DRK, das am Freitagabend für Notfälle mit mehreren Einsatzwagen bereitstand. »Viele wollten freiwillig Dienst schieben, wir wollten alle Angela Merkel sehen«, erklärte Jonas Stroop (20). Er hätte gern, so erzählte er, mit der Kanzlerin über Bildung gesprochen. »Ich möchte Medizin studieren, aber wie soll das gehen bei dem Numerus Clausus. Dabei beklagen wir doch den Ärztemangel, aber was wird dagegen getan?«
Als »besondere Ehre« bezeichnete Angela Merkel den Umstand, dass sie sich ins Goldene Buch der Stadt Herford eintragen konnte. »Ich weiß, dass Konrad Adenauer im Herforder Rathaus zum CDU-Vorsitzenden der Britischen Besatzungszone gewählt worden ist. Deshalb ist es etwas Besonderes, heute vor diesem Rathaus zu stehen«, sagte Merkel. Ihre Rede kürzte sie aufgrund des stärker werdenden Regens nach 20 Minuten ab.
Damit die Kanzlerin Herford nicht als »Regenstadt« in Erinnerung behält, überreichte der CDU-Bundestagsabgeordnete Tim Ostermann zum Abschied noch einige Präsente: ein Herforder Stadtwappen aus Schokolade von der Firma Weinrich, eine Ansicht des Herforder Rathauses sowie ein Poster »Ostwestfälischer Wortschatz«.
Begleitet wurde der Merkel-Auftritt von strengen Sicherheitsvorkehrungen. So wurden sogar Polizisten im Rathausturm postiert, um eventuell Drohnen abzufangen. Auch die Zufahrtsstraßen wurden durch die Polizei gesichert. Mit Filmkamera und Fernglas beobachteten zwei Polizisten aus dem Fenster des Ratshaussaals die Menschenmenge.
CDU-Kreisvorsitzender Tim Ostermann freute sich über »die sehr gute Resonanz trotz schwieriger Bedingungen«. Die Krakeeler hätten natürlich gestört, besonders während der Schweigeminute. Das sei pietätlos. »Ich gehe davon aus, dass mitreisende Pöbler dabei waren«, sagte Ostermann. Die Kanzlerin habe sich betroffen gezeigt von den Ereignissen in Barcelona: »Man merkte ihr an, dass sie das mitgenommen hat.« Trotz der Störungen durch Demonstranten sei Angela Merkel in ihrer Rede »locker und aufgeräumt rübergekommen«.