Der Herausforderer
Bad Oeynhausen/Löhne (HK). Tim Ostermann hat keine Wahl. Will er in den Bundestag, muss er seinen Wahlkreis gewinnen. Platz 36 auf der Landesliste werde im Normalfall nicht reichen.
»Es wird knapp. Aber ich bin sehr optimistisch«, sagt er. So hält er »mehr denn je« an seiner Aussage aus dem Herbst 2012 fest: »Ich will den Wahlkreis direkt holen.« Vor fünf Jahren hatte SPD-Kandidat Stefan Schwartze gegenüber CDU-Herausforderer Wolfgang Russkamp einen Vorsprung von 0,8 Prozentpunkten. Den will der 34-Jährige durch engagierten Wahlkampf wettmachen. Dafür verzichtet er auch auf Ferien. Jetzt, wenige Tage vor der Wahl, hat er Urlaub genommen, in dem ein Termin den nächsten jagt. »Ich freue mich vor allem auf die Infostände, weil man sehr intensiv mit dem Bürger diskutieren kann.« Gleiches gelte für Hausbesuche. Viele hundert sind in den Tagen vor der Wahl geplant.
Für den Fall seiner Wahl will er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht ganz aufgeben, sie in geringfügigerem Umfang weiter ausüben. »Ich möchte Verbindung zum Beruf halten. Ein politisches Mandat wird auf Zeit vergeben.« Und es sei fruchtbar, den Beruf weiter auszuüben, »um Erkenntnisse, die man so erlangt, in die politische Arbeit einzubringen.«
Wenn es sich zeitlich machen lässt, möchte er sein Ratsmandat in Löhne behalten, den Fraktionsvorsitz aber abgeben. »Das Ratsmandat ist eine gute Möglichkeit, Rückkoppelung zur lokalen Ebene zu behalten. Dann ist der Vertreter im Bundestag gleich auf lokaler Ebene präsent, wenn es um Entscheidungen geht.« So stellt er sich idealen Austausch vor. »Eines meiner Ziele ist, dass kommunale Belange in die Bundespolitik mehr eingebracht werden. Durch die Ratsarbeit bekommt man direkt mit, was die Menschen bewegt.«
Tim Ostermann teilt die Einschätzung vieler Bürger, die sich gegen Wahlplakate aussprechen. »Ich würde es sehr begrüßen, wenn man ihre Zahl stark reduzieren könnte, auf zentrale Stellen.« Auf kommunaler Ebene sei eine dahingehende Initiative in Löhne an der SPD gescheitert. Andererseits dürfe man nicht vernachlässigen, dass beim Wahlkampf ohne Plakate der Vorwurf lauten könnte. »Habt Ihr dass nicht nötig? Deshalb geht es nicht ganz ohne Plakate.« Er gibt zu: »Beim Fototermin dafür habe ich mich nicht recht wohl gefühlt. Das ist nicht mein Ding.« Großflächige Plakate mit ihm sind zehn Tage vor der Wahl zu sehen.
Frau und Familie unterstützen die Kandidatur. Im Wahlkampf spielen sie aber keine Rolle. Auch Fotos für die Zeitungsberichterstattung mit Familie gibt es nicht: »Ich stehe zur Wahl, nicht meine Familie. Darauf haben wir uns verständigt.« Zum Wahlkampf meint er: »Man sollte sich auf drei, vier Kernbotschaften konzentrieren, weil sie sonst nicht wahrgenommen werden.« Bei der politischen Auseinandersetzung pflegt er den Grundsatz: Ist die Debatte noch so kontrovers, »muss man nachher gemeinsam ein Bier trinken gehen können.«
Er geht davon aus, dass es weiter eine »wenn auch knappe« bürgerliche Mehrheit gibt: »Die FDP wird den Einzug ins Parlament schaffen.« Sollte es rechnerisch möglich sein, werde es eine Option Rot-Rot-Grün geben, »ob als Koalition weiß ich nicht, zumindest aber eine Tolerierung durch die Linke, vielleicht nicht mit Herrn Steinbrück. Dann wird der Kanzler Gabriel heißen.« Eine große Koalition wünschten sich weder SPD noch CDU, auszuschließen sei sie nicht. »Unsere Vorstellungen lassen sich viel besser mit der FDP durchsetzen.« CDU und SPD unterscheide, »dass die SPD den Staat hoch leben lässt, ihn für alles sorgen lassen will.« Die CDU setze mehr auf den Einzelnen. »Der Staat soll einspringen, wenn der einzelne Hilfe benötigt.« Besonders extrem sei bei den Grünen die Bevormundungspolitik. Er sagt: »Sie wollen alles vorgeben, in NRW beim Nichtraucherschutz, im Bund mit dem Veggie-Day. Man will Vorgaben machen: So habt ihr zu leben. Wir wollen den Menschen selbst überlassen, wie sie leben.« Größtes Risiko für die Wirtschaft unter Rot-Rot-Grün seien die Steuer-Erhöhungspläne. »Dem Land würde nachhaltiger Schaden zugefügt.«
Privat schätzt er dass ländliche Umfeld, in dem er lebt. Die Schwiegereltern wohnen einen Steinwurf entfernt, auf einem ehemaligen Hof. »Jeder hat seinen Bereich, Man ist aber nah beieinander. Wir haben 2010 gebaut. Helfen konnte ich nur als Handlanger. Von filigranen Arbeiten habe ich die Finger gelassen. Ich habe einmal in meinem Leben tapeziert. Es sah nicht gut aus.«
Ziel für seine Heimatstadt: »Ich will vor Stefan Schwartze liegen, gerade weil Löhne eher sozialdemokratisch geprägt ist. Hauptziel ist aber das Direktmandat.«